Ein Interview mit Dr. Christina Niemöller (Managing Director) und Timo Seggelmann (Gründer & Managing Director) von slashwhy.

Mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeitmodelle und eine gute Work-Life-Balance - diese Möglichkeiten erwarten wir im Sinne des New Work ganz selbstverständlich von einem modernen Arbeitgeber. In Führungsrollen sind solche Arbeitsbedingungen jedoch nach wie vor eher die Ausnahme. Anders ist es bei slashwhy. Bei uns sind reduzierte Arbeitszeiten auch in Führungspositionen gelebte Praxis. Seit der Etablierung eines Boards of Directors, in dem vier Personen Geschäftsführungsaufgaben gemeinsam wahrnehmen und Verantwortung teilen, arbeiten sogar Gründer und Managing Director Timo Seggelmann sowie Managing Director Dr. Christina Niemöller auf höchster Führungsebene bei slashwhy in Teilzeit. Im folgenden Interview erklären die beiden, warum wir bei slashwhy Führung in Teilzeit ermöglichen und wie dieses Modell funktioniert:

Christina, Timo, wie gut gelingt es euch, entbehrlich zu sein?

Christina Niemöller: Ich habe das Gefühl, dass es bei mir ganz gut funktioniert, nicht erreichbar zu sein, wenn ich nicht erreichbar sein möchte. Es kann trotzdem durchaus sein, dass ich abends nochmal in meine E-Mails schaue und prüfe, ob etwas eingegangen ist, auf das ich kurzfristig reagieren sollte. Da ist mir Flexibilität bei der Tagesgestaltung wichtiger, als immer um 14 Uhr Feierabend zu machen.

Timo Seggelmann: Mir gelingt das auch sehr gut. Ich habe mein Handy, das zugleich Dienst- und Privathandy ist, zwar oft auch außerhalb der Arbeitszeit eingeschaltet, lasse es aber klingeln, wenn es mir in dem Moment gerade wichtiger ist, Zeit mit meiner Familie zu haben. Ich bin da sehr selbstdiszipliniert und kann Anrufe und E-Mails auch eine Weile unbeantwortet lassen. Natürlich gibt es Ausnahmen. Hin und wieder gibt es Themen, die so wichtig sind, dass wir im Board Of Directors entscheiden: "Das wollen wir bis morgen geklärt haben" und wir vereinbaren einen Nachmittagstermin.

Was sind eurer Ansicht nach die Hauptgründe dafür, dass Teilzeitmodelle in Führungspositionen bei anderen Unternehmen bislang eher die Ausnahme sind?

Christina: Eine Ursache liegt sicher in der Annahme vieler Unternehmen, dass eine Führungskraft immer erreichbar sein muss. Dabei sollte man sich die Frage stellen: Was passiert denn konkret, wenn ein Problem auftaucht und die Führungskraft ist nicht erreichbar? Wir haben uns mit dieser Frage auseinandergesetzt und Lösungen entwickelt. Indem wir Verantwortung teilen schaffen wir Raum für die Teams, in hohem Maße selbstorganisiert und selbstbestimmt zu arbeiten. Dazu ist aber auch erforderlich, die Kolleg:innen dazu zu befähigen, die Entscheidungen dort zu treffen, wo sie anfallen. Das ist eine weitere Ursache: In vielen Unternehmen ist das Teilen von Verantwortung nicht gelernt und hat keinen Platz in der Kultur. Das hat auch etwas mit unserem Führungsstil zu tun. Bei slashwhy identifizieren wir uns stark mit dem Ansatz des New Leaderships. Wir kommunizieren auf Augenhöhe und unterstützen die Kolleg:innen dabei sich weiterzuentwickeln.

Timo: Es hat natürlich auch Konsequenzen für die Tagesplanung, wenn Führungskräfte in Teilzeit arbeiten. Wir haben schon einen Großteil unserer Regelmeetings auf den Vormittag gelegt, damit auch Kolleg:innen, die nachmittags nicht arbeiten, weil sie beispielsweise ihre Kinder betreuen, daran teilnehmen können. Zu diesen Kompromissen sind viele Organisationen noch nicht bereit. Für uns bei slashwhy liegt es hingegen in der DNA, solche Dinge möglich zu machen und Hindernisse so gut es geht aus dem Weg zu räumen. Wir tragen das WHY im Firmennamen und wenn jemand sagt, „Das geht nicht“, fragen wir: „Warum nicht? Was müssen wir tun, damit es möglich wird?“ Ein solches Denken ist in vielen anderen Unternehmen nicht so stark etabliert. Dort sind viele Entscheidungen noch beim Chef zentralisiert. Wir ticken da ganz anders.

Indem wir Verantwortung teilen schaffen wir Raum für die Teams, in hohem Maße selbstorganisiert und selbstbestimmt zu arbeiten.”

Dr. Christina Niemöller, Managing Director bei slashwhy

Entscheidungen dort zu treffen, wo sie anfallen, wie gelingt das genau?

Christina: Das Wichtigste ist, den Kolleg:innen zu vermitteln, dass dabei auch Fehler passieren dürfen. Man kann auch mal falsch entscheiden. Eine Entscheidung zu treffen, die falsch ist, ist im Ergebnis selten so schlimm, wie gar keine Entscheidung zu treffen. Wir lernen aus Fehlern und entwickeln uns dabei persönlich weiter. Zugleich hinterfragen wir, wie wir dieses Lernen unterstützen können.

Timo: Hinzu kommt, dass wir in vielen Fachbereichen mit einem Führungsteam unterwegs sind. Dadurch erreichen wir in vielen Situationen obendrein eine differenziertere Betrachtung eines Themas. Und gerade in fachlichen Fragen gibt es in unserem Unternehmen ohnehin viele Personen, die eine größere Entscheidungskompetenz haben als das Board auf Directors.

Wie befähigt ihr eure Teams dazu, mutig zu sein und Dinge selbst zu entscheiden?

Timo: Die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, hat viel mit Hierarchien zu tun, mit Konsequenzen, die auf das eigene Handeln folgen können und die möglicherweise die weitere Karriere beeinflussen. So sind viele von uns durch Erziehung, Schule, Studium oder vorherige Jobs sozialisiert. Deshalb ist Wertschätzung so wichtig. Wenn klar ist, dass auch Fehler nichts an der hohen Wertschätzung untereinander als menschliche Individuen ändern, fällt es leichter, selbstbewusste Entscheidungen treffen.

Für Unternehmen, die in Zukunft erfolgreich und als Arbeitgeber attraktiv sein wollen, werden Teilzeitmodelle auch in Führungspositionen ein Muss sein.”

Timo Seggelmann, Gründer und Managing Director bei slashwhy

Welche weiteren organisatorischen Voraussetzungen erfordern Teilzeitmodelle?

Christina: Wir brauchen Methoden, funktionierende Prozesse und die passenden technischen Lösungen. Es gibt Kolleg:innen, die nur vormittags arbeiten und andere, die sich für das Modell einer 4-Tage-Woche entscheiden. Wenn Meetings an Tagen oder zu Uhrzeiten stattfinden, an denen nicht alle teilnehmen können, werden diese per Video aufgezeichnet. Wir versuchen außerdem, möglichst viele Meetings hybrid anzubieten, so dass sowohl die Remote- als auch die Vor-Ort-Teilnahme möglich ist. Das hilft im Übrigen allen Kolleg:innen, eine gute Work-Life-Balance zu finden, indem wir flexibles Arbeiten ermöglichen.

Timo: Eine wichtige Rolle spielt auch das Wissensmanagement. Wir alle sind gefordert, Informationen zu teilen und uns gegenseitig up-to-date halten, und zwar nicht nur wenn Kolleg:innen teilzeitbedingt mal nicht an einem Meeting teilnehmen konnten. Wir müssen sicherstellen, dass durch ein funktionierendes Wissensmanagement gewährleistet ist, dass die Bearbeitung der Aufgaben auch mit Teilzeitmodellen gelingt. Das erfordert eine gute Selbstorganisation aber auch eine gute toolgestützte Dokumentation.

Wie nehmen eure Auftraggeber die Tatsache auf, dass Projektverantwortliche, Ansprechpartner etc. in Teilzeit arbeiten?

Timo: Wir legen zum einen sehr viel Wert darauf, unsere Kunden zu verstehen und deren Wunsch an das Projekt-Setting bestmöglich umzusetzen. Zum anderen arbeiten wir auf Augenhöhe und unsere Kunden haben viel Verständnis für Randbedingungen wie z.B. Teilzeit. Es gibt natürlich Regeltermine und diese werden zwischen allen Beteiligten abgestimmt. Durch das Tandem in der Businessrolle ist in der Regel auch immer ein:e Kolleg:in für spontane Themen erreichbar.  

Könnte man das als Jobsharing bezeichnen?

Christina: Nein, das wäre das falsche Wort. Es ist nicht so, dass sich zwei Personen eine Position untereinander aufteilen. Die Aufgaben sind nicht deckungsgleich. Es gibt vielmehr einen gemeinsamen Verantwortungsbereich, in dem es überschneidende Themen geben kann, jede:r aber auch seinen eigenen Fokus setzt.

Timo: In klassischen Unternehmensstrukturen hätte man hier eine Person in der Abteilungsleitung und eine zweite für die Stellvertretung. Die Hierarchie, die darin herkömmlicherweise verankert ist, wollen wir nicht. Wir stellen diese beiden Personen auf Augenhöhe und geben ihnen einen gemeinsamen Verantwortungsbereich, wobei jede:r Aufgaben übernimmt, die seinen oder ihren Stärken entsprechen. Gleichzeitig können sich beide in den allermeisten Fragen vertreten, wenn der oder die andere nicht ansprechbar ist.

Spürt ihr bereits, dass es Signalwirkung in eurem Unternehmen entfaltet, dass ihr selbst in Teilzeit seid?

Timo: Ja, ich glaube schon, dass das eine Signalwirkung hat und künftig bei slashwhy immer häufiger genutzt werden wird. Es ist wichtig, dass wir generell ein Verständnis dafür entwickeln, dass das Privatleben einen mindestens so großen Stellenwert hat wie das Arbeitsleben und dass beides miteinander in Einklang sein muss - dies gilt übriges für alle Geschlechter.

Christina: Indem wir es im Board of Directors vorleben, tragen wir dazu bei, dass andere auch ein besseres Gefühl haben, wenn sie Teilzeit arbeiten möchten. Denn natürlich kann sich das gerade am Anfang erstmal falsch anfühlen, nicht da zu sein, nicht erreichbar zu sein, während andere arbeiten. Auch dem Vorurteil, man könne nur in Vollzeit "Karriere" machen, wirken wir entgegen, indem Teilzeit bei uns sogar Board Of Directors vorgelebt wird. Dass in dieser Hinsicht ein Umdenken stattfindet, zeigt sich nicht nur bei Teilzeitmodellen, sondern auch bei Eltern- oder anderen Auszeiten auf allen Ebenen.

Loslassen können, das Teilen von Verantwortung und vor allem gegenseitiges Vertrauen spielen eine wichtige Rolle.”

Dr. Christina Niemöller, Managing Director bei slashwhy

Was sind zusammengefasst die wichtigsten Erfolgsfaktoren, damit Führung in Teilzeit gelingt?

Christina: Loslassen können, das Teilen von Verantwortung und vor allem gegenseitiges Vertrauen spielen eine wichtige Rolle. Es braucht auch ein gutes Wissensmanagement, also das permanente Teilen wichtiger Informationen untereinander.

Timo: Zudem ist eine gute Selbstorganisation ein Schlüsselfaktor. Das erreicht ein Unternehmen nicht von einem Tag auf den anderen. Es ist ein Prozess, den man besser heute als morgen anstößt – weg von klassischen Hierarchien, hin zu mehr Eigenverantwortung. Unternehmen, die diesen Weg nicht einschlagen, sondern an hierarchischen Mustern festhalten, werden es im Wettbewerb um die besten Talente künftig sehr schwer haben.

Über die Autorin

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    Über Vanessa Kristahn

    Als Marketing Manager bei slashwhy bildet Vanessa mit ihrem Team die kreative und kommunikative Schnittstelle zum Markt. Mit mittlerweile mehr als 15 Jahren Erfahrung im B2B-Marketing ist Vanessa Expertin für die Vermarktung komplexer und erklärungsbedürftiger Themen – wie zum Beispiel Software. Ihr Herz schlägt dabei vor allem für gute Texte und interessante Stories.