Cloud vom Produkt aus… [Pause] … denken. Das ist es, wozu wir mit diesem Blogpost anregen wollen. Die User Experience des Produkts auf die nächste Stufe heben. Die Cloud ist dabei "nur" ein - wenn auch mächtiger - Werkzeugkasten als Mittel zum Zweck und nicht die Lösung, auch wenn es manchmal anders dargestellt wird. Wir glauben, mit den Möglichkeiten der Cloud kann der Kundennutzen digitaler Produkte und Services erheblich verbessert werden. Bei Infrastruktur-getriebenen Cloud-Adoption-Strategien bleibt das Produktmanagement, welches leider häufig nicht eng genug mit der IT-Abteilung verzahnt ist, auf der Strecke: Es wird über Datacenter Migration, Virtual Computing, Networking oder OnPremises-Anbindungen gesprochen. Leider gerät dabei das enorme Potential für die Produktentwicklung und die User Experience in Vergessenheit oder wird auf später verschoben. Ein Produkt-getriebener Ansatz anhand von Use Cases leistet Abhilfe. Im Folgenden stellen wir drei praktische Anwendungsszenarien vor.
Exkurs: Warum überhaupt Cloud?
Laut Cloud Monitor 2020 von Bitkom Research und KPMG nutzen drei Viertel der deutschen Unternehmen bereits Cloud-Ressourcen. Mit Hilfe von Cloud-gestützten Lösungen erhalten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Zugang zu IT-Ressourcen, deren Leistungsfähigkeit, Hochverfügbarkeit und Sicherheit sie im eigenen Unternehmen nicht realisieren könnten.
Dieser Markttrend führte zu der Produktanforderung, die Gerätedaten von vorhandenen IoT-Produkten aus dem Bereich Consumer Electronics (B2C) zentral zugreifbar und verwaltbar zu machen. Darauf aufbauend wurde das automatische Benachrichtigen von Gerätefehlerzuständen mittels einer Push Notification auf das Smartphone der Nutzer:innen via Cloud realisiert. Was hat das mit Echtzeit-Datenverarbeitung zu tun?
Aufgrund der endlosen Kapazitäten der Cloud können die Gerätedaten von überall empfangen und sofort weiterverarbeitet werden. Enorme Verarbeitungsgeschwindigkeiten sind möglich, angelehnt an die Konzepte der "heißen" - oder auch "warmen"- Datenverarbeitung in der Azure IoT Reference Architecture. Im konkreten Anwendungsfall wurde die Microsoft Azure Cloud mit einer Kombination von verschiedenen Serverless- und Mobile Backend Services verwendet. Andere Cloud Hyperscaler wie Amazons AWS oder Googles GCP bieten ähnliche Services.
Dediziertes Machine Learning bietet maximale Flexibilität und hohen Produktnutzen, ist aber auch teuer. Die Azure Cognitive Services können mit weniger Upfront Investment dein Produkt mittels Cloud "smarter" machen: So werden Anomalien während der Datenverarbeitung erkannt und direkt verarbeitet, beispielsweise durch eine Benachrichtigung bei übermäßig erhöhtem Stromverbrauch. Zusätzlich zu der Information des erhöhten Verbrauchs kann KI-gestützt die Ursache ermittelt und direkt mitgeteilt werden. Auch Spracherkennung oder Sprachinteraktionen mittels Alexa, Siri oder dem Google Assistant lassen sich aufgrund der Breite der Cloud Services leichter integrieren.
Eine vollautomatische Geräteregistrierung mit Aufbau einer gesicherten Kommunikationsverbindung über ein leichtgewichtiges Protokoll auch für schwach angebundene Geräte im Feld ist möglich. Das Stichwort lautet IoT Edge in Kombination mit Azure Cloud Services wie beispielsweise den Device Provisioning Services.
Dies ermöglicht das zentrale Managen einer unlimitierten Anzahl an Geräten nach dem Just-in-time-Prinzip. Ebenso spielen die massiv geoverteilt-aufgestellten Cloud Hyperscaler ihre Muskeln aus (Beispiel: globale Infrastruktur mit 170 Points-of-Presence) und unterstützen den "Lowest Latency"-Ansatz, was bedeutet, dass sich ein Gerät im Feld immer mit dem am nächsten gelegenen Cloud-Endpunkt und geringster Latenz verbindet. So ist das Übertragen größerer Datenmengen, wie bei einem Softwareupdate, auch auf schwach angebundene Geräte im Feld möglich.
Die Verwaltung dieser Geräte läuft mittels Digitaler Zwillinge, also virtueller Abbilder der Maschinen in der Cloud. Diese enthalten alle gewünschten Zustandsdaten, inklusive Synchronisation jener, abhängig von der Konnektivität. So lässt sich aus der Cloud heraus z.B. definieren, welche Betriebstemperatur für eine Maschine notwendig ist, während die wirkliche Temperatur durchgehend zurückgemeldet wird.
Im Zuge der Cloud Migration wurde stattdessen ein Refactoring/Revise umgesetzt, um mit reduziertem Invest und Risiko die Security des Gesamtsystems zu verbessern. Als sichere und hochverfügbare Identity- and Access-Management (IAM) Lösung wurde Active Directory B2C verwendet. Ist das Cloudprodukt integriert, profitierten die Nutzenden von modernen Features wie Single Sign-On, Social Login, Multi Faktor Authentifizierung, Passwordless oder biometrischer Erkennung.
Unter Datenschutz- und Compliance-Gesichtspunkten sticht die Bandbreite an Standards und Zertifikaten hervor. Beispielhaft nennen kann man hier die Erfüllung des "Anforderungskatalog Cloud Computing C5" des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), ISO/IEC 27001 und viele weitere Security- und Compliance-Anforderungen. Im Gegensatz zur Public Cloud können Betreiber:innen von Inhouse-Rechenzentren oder Private Clouds diese häufig nur schwer erfüllen.
Fazit
Cloud bietet große Mehrwerte für die Produktentwicklung. Ob Smartphone App, Connected Home, Industrial IoT oder Webportale: Für alle Anwendungsszenarien gilt, dass Digitalprodukte von den Cloud-Vorteilen wie Performance, Flexibilität, Skalierbarkeit und Sicherheit profitieren.
Wichtig dabei: Produktteams sollten die Flexibilität, die sie durch die Anwendung von Cloud gewinnen, mit Praktiken wie DevOps auch aktiv "heben". Erst dann wirkt man dem "beliebten" Produktentwicklungsmythos "get it right the first time" entgegen und profitiert von kürzeren und marktnäheren Entwicklungszyklen. Aber das soll Thema in einem der folgenden Blogposts werden. ;D